24. – 27. Oktober 2001: 2. Internationales Telemann-Symposion „Klangrede der Aufklärungszeit – Telemanns Vokalmusik“

In Verbindung mit dem Musikwissenschaftlichen Institut der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt und der Frankfurter Bürgerstiftung Holzhausenschlösschen


Georg Philipp Telemanns Umgang mit tradierten Modellen und sein Reichtum kompositorischer Ideen spiegeln sich in der erstaunlichen Formphantasie seiner Vokalwerke wieder. Diese bildeten den Ausgangspunkt für die Referate von Fachleuten aus Deutschland, Österreich, der Ukraine und den USA. Telemanns Vokalwerke wurden auf ihre kompositorische Ideen, auf Strukturen der Texte und Vertonungen, auf Formen, Stile und Traditionszusammenhänge, auf Tonsatz und melodische Topik hin befragt. Dabei wurden auch philologische Grundlagen und die vergleichende Bezugnahme auf Telemanns Zeitgenossen nicht außer Acht gelassen. Die Telemann-Quellen in Kiewer Bibliotheken und Archiven, anonym überlieferte Kantatenfragmente in der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt, theologische Kontexte der Brockes-Passion, die musikalische Rhetorik in Telemanns Kantaten, die „melodische Analysis“, das Rezitativ und auch die Oden Telemanns, einzelne Kantaten-Jahrgänge, stilkritische Echtheitsbeweise zwischen Telemann und Bach, Telemann und Fasch oder Krauses Bearbeitung der Ino-Kantate boten zahlreiche Ansatzpunkte zu anregenden Diskussionen.
Den Festvortrag bei der Eröffnungsveranstaltung über „Telemanns Autonomiebestrebungen“ hielt der bekannte Musikhistoriker und –soziologe Prof. Dr. Walter Salmen. Der Freiburger Emeritus legte dar, wie Telemann sich mit seinem bewußt gepflegten - für jedermann verständlichen und nicht nur auserwählten Zirkeln vorbehaltenen - „mittleren Stil“ über viele Stufen zu einem „bedingt unabhängigen Tonkünstler“ hocharbeitete.
Das Symposion bot wohl für jeden interessante wissenschaftliche Fragestellungen und zeigte, wie wichtig es ist, dass verschiedene Fachdisziplinen zusammenarbeiten, um zu effektiv weiterführenden Ergebnissen zu gelangen. In der Schlussdiskussion sind viele Themen - wie beispielsweise eine „theologische Telemannforschung“, eine gleichrangige Erschließung der weltlichen Vokalwerke Telemanns und die Frage nach der gesellschaftlichen Aktualisierung - angesprochen worden, die bei zukünftigen Veranstaltungen wieder aufgegriffen werden sollen.
Das musikalische Rahmenprogramm nahm sowohl Bezug auf das Motto des Symposions als auch auf das ein oder andere Referat. In der Eröffnungsveranstaltung erklang die Kantate „Alles redet jetzt und singet“ auf einen Text von Barthold Hinrich Brockes. Er verbindet darin frühaufklärerischen Rationalismus mit christlicher Frömmigkeit gepaart mit einer vielbewunderten Genauigkeit der Beobachtung und Beschreibung der Natur. In einem Kantatengottesdienst erklang Telemanns Neujahrskantate Wünschet Jerusalem Glück, die 1717 in Frankfurt am Main uraufgeführt wurde und auf einem Text von Erdmann Neumeister basiert. Die Kantate wurde diesmal in die Predigt des Oberkirchenrats Reinhard Bertram miteingebunden. Das Abschlusskonzert gestalteten der Kammerchor der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Mitglieder der Jungen Philharmonie Hessen-Thüringen unter der Leitung von Christian Ridil sowie die 2. Preisträger des 1. Internationalen Telemann-Wettbewerbs mit Kantaten und Instrumentalwerken Telemanns.